Geschichte

„Eine eigene Geschichte zu haben und sich ihrer zu erinnern, ist Wesensmerkmal jedes Individuums wie auch jeder Gesellschaft. Der Geschichtsunterricht hat deshalb das Ziel, ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein zu fördern und die Schülerinnen und Schüler zu historischem Denken anzuhalten. Zudem erwerben die Schülerinnen und Schüler bei der Begegnung mit Geschichte Kompetenzen, die sie bei der Herausbildung einer eigenen Identität unterstützen, die ihnen helfen, sich in ihrer Lebenswelt zu orientieren und die sie dazu anregen, Gegenwart und Zukunft vor dem Hintergrund eines historischen Bewusstseins erfolgreich mitzugestalten. Dazu setzen sie sich in altersangemessener und systematischer Weise mit zentralen Fragestellungen und Themen aus verschiedenen Epochen auseinander. Auf der Basis von historischem Wissen erwerben sie dabei Fähigkeiten und Fertigkeiten, die es ihnen ermöglichen, auch mit neuen historischen und gegenwärtigen Problemstellungen reflektiert umzugehen, um beispielsweise Denk- und Handlungsalternativen zu entwickeln.

 

Der Geschichtsunterricht fördert die Bereitschaft zur toleranten Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, Sicht- und Lebensweisen und begünstigt die Entwicklung eigener Werthaltungen und Standpunkte. Das Wissen um die Entstehung sowie um Chancen, Gefährdungen und Grenzen demokratischer Strukturen führt zur Wertschätzung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und verdeutlicht die Notwendigkeit gesellschaftlichen und politischen Engagements jedes Einzelnen. Bei der Auseinandersetzung mit Geschichte soll das Streben nach Völkerverständigung sowie die Herausbildung eines europäischen Bewusstseins bei gleichzeitiger Anerkennung des Eigenwerts von Regionen und Nationen ausgebildet und gestärkt werden. Unterstützt wird dies durch die enge fächerübergreifende Zusammenarbeit mit dem Fach Sozialkunde.

 

Die Beschäftigung mit der Landes- und Regionalgeschichte ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, die historisch gewachsenen Strukturen bis in ihre Lebenswelt hinein zu verfolgen und fördert so ihre Bereitschaft, das historische und kulturelle Erbe ihres Heimat- und Lebensraums wertzuschätzen und zu pflegen. Eine besondere Bedeutung kommt den außerschulischen Lernorten (Exkursionen) zu. Diese bieten die Möglichkeit, über entdeckendes Lernen die außerschulische und lebensweltliche Relevanz von Geschichte unmittelbar zu erfahren.“ (LP Plus Geschichte G9)

 

Die Fachschaft Geschichte am Katharinen-Gymnasium Geschichte begrüßt diese Vorgaben und legt einen ihrer Schwerpunkte auf eine Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit der jüngsten deutschen Vergangenheit. Dies geschieht durch:

 

  • eine Schulpartnerschaft mit Yad Vashem in Jerusalem
  • einen geführten Besuch der 9. Klassen in der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Dachau
  • den Besuch von Zeitzeugen aus der Zeit des Holocaust (Ignatz Bubis, Max Mannheimer, Mietek Pemper u. a.) und des Widerstands gegen den Nationalsozialismus (Marie-Luise Schultze-Jahn, Franz J. Müller u. a.)
  • den Besuch von Zeitzeugen des Unrechtsstaates DDR (Jens Hase u. a.)

 

Die Fachschaft Geschichte sieht sich der Idee eines lebendigen Geschichtsunterrichts verpflichtet. Geschichte ist kein Pauk-Fach, sondern eines, das zum Denken und zum Handeln anregen möchte.

 

Michael Erber, StD, Fachbetreuer Geschichte und Sozialkunde

 

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Der Erinnerung ein Gesicht geben - Gedenken am Katherl

Am 26. Januar 2024 hielt Frau Agnes Krumwiede anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages für alle neunten Klassen einen Vortrag über den Völkermord an den Sinti und Roma und über die Kontinuität der Verfolgung nach 1945. Sie wurde dabei von Angehörigen der Familie Höllenreiner begleitet.

 

Laura Höllenreiner berichtete eindringlich über den Leidensweg ihres Großvaters, Hugo Höllenreiner, der im KZ Auschwitz von Dr. Josef Mengele misshandelt und für die medizinischen Menschenexperimente missbraucht wurde.

 

36 Mitglieder der Familie Höllenreiner wurden Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes an Sinti und Roma.

 

Die Schülerinnen und Schüler trugen insgesamt drei biografische Texte von betroffenen Familien aus dem Raum Ingolstadt vor. Anschließend stellten sie unseren Gästen Fragen zum Schicksal der Familie Höllenreiner und über die aktuelle Ausstellung im Stadtmuseum „Unsere Menschen“ – Sinti und Roma vor, während und nach der NS-Verfolgung“.

 

Die Gedenkveranstaltung vermittelte intensiv die Verbrechen des Nationalsozialismus und stellt einen wichtigen Baustein der Demokratiebildung dar.

 

Neues aus der Geschichtswerkstatt

Das griechische „mousa”, also „Muße” oder „Kunst” ist der Ursprung unseres Wortes „Mosaik” – genau diese Kunst praktizierten die Teilnehmer des Schülerakademiekurses „Geschichtswerkstatt” in den vergangenen Wochen. Zunächst wurden Fliesen mit Hilfe von Hammer und Zange zerkleinert und passgenau zugeschnitten. Dann konnte das Motiv gelegt und auf passenden Untergrund aufgeklebt werden. Nach einer Trocknungsphase erfolgte das Verfugen und Polieren. Auch wenn die Arbeit mühsam, staubig und anstrengend war, waren am Ende alle stolz auf ihr Kunstwerk – und betrachten die Mosaike der römischen, griechischen und byzantinischen Antike nun sicherlich mit umso größerem Respekt!

 

Zeitzeuge Jens Hase

Zeitzeuge Jens Hase erzählt vom 9.11.1989

 

„Freiheit ist nicht selbstverständlich, es lohnt sich, jeden Tag dafür zu kämpfen!”

 

Im Gedenken an den Tag des Falls der Mauer besucht der Zeitzeuge Jens Hase am 9. November 2015 das Katharinen-Gymnasium. Anschaulich erzählt er den Schülern der 10. und 11. Jgst. von seiner Flucht über die Prager Botschaft im Jahr 1989 und wie er den 9. November 1989 erlebt hat.

 

 

Aus Jens Hases Erinnerung: Die systemkritische Haltung meiner Eltern zum DDR–Staat prägte mich von Kindheit an. Zwei meiner Geschwister stellten Anträge auf ständige Ausreise aus der DDR. Als mein Vater schwer erkrankte und die DDR–Medizin nicht weiterhelfen konnte, stellten meine Eltern ebenfalls einen Antrag auf ständige Ausreise. Während meine halbe Familie bereits im Bundesgebiet wohnte, wurde der Telefonanschluss stillgelegt und ich war wiederholten Konfrontationen und Provokationen der Staatssicherheit und von SED–Genossen am Arbeitsplatz ausgesetzt. Mir wurde immer deutlicher bewusst, dass ich weg wollte aus diesem Unrechtsstaat. Kurzerhand entschied ich mich, den Weg über die Bundesdeutsche Botschaft in Prag zu gehen. Dort traf ich schließlich Ende September 1989 ein. Die Tage in der Botschaft waren prägend. Es gab viele gefährliche, aber auch lustige und traurige Momente. Dort habe ich viel erlebt, bis zu dem Tag, als der damalige Bundesaußenminister H.-D. Genscher uns den bewegenden Satz: „Wir sind zu ihnen gekommen, um ihnen mitzuteilen, dass heute ihre Ausreise ...!”, vom Balkon des Palais Lobkowicz verkündete (Der Rest des Satzes ging im Jubel der „Freiheit” rufenden Menschenmenge unter). Der schönste Moment in der damaligen Zeit. Seither lebe ich im schwäbischen Teil Bayerns und genieße jeden Tag in der Freiheit. Aufgrund meiner Tätigkeit im Jugendbereich habe ich die Möglichkeit, meine Geschichte zu erzählen und so die Chance dazu beizutragen, dass diese schlimme Zeit der SED–Diktatur nie vergessen wird!

 

Biografisches:

 

  • 1970 Jens Hase ist geboren im thüringischen Eisenach
  • 1976 Besuch der polytechnischen Oberschule Eisenach
  • 1985 Ausbildung zum Transport– und Lagerfacharbeiter im Automobilwerk Eisenach
  • 1989 Flucht über die Prager Botschaft am
  • 1.10.1989. Eintreffen in der Bundesrepublik Arbeiter in der Wanzl Metallwarenfabrik GmbH
  • 2002 Ausbildung zum Informations– und Telekommunikationssystemelektroniker
  • 2006 Weiterbildungen.
  • Seit 2009 Dozent und Ausbilder im Berufsbildungszentrum Augsburg (vorwiegend Jugendarbeit)